Auf den Spuren der Europameister . . .
Irgendwie mutet es fast schon ein wenig märchenhaft an. Da tritt die Spielgemeinschaft Bischofswerda/Obergurig nach vier titellosen Jahren in Folge ein letztes Mal überhaupt in der Ostsachsenliga an, wird ausgerechnet in diesem letzten Jahr Meister – und das gerade einmal einen guten Monat, nachdem auch die deutsche Herren-Nationalmannschaft bei der EM in Polen Gold holte. Nur das Feiern des Titels, merkte man nach Abpfiff der Partie am Sonntag, muss noch etwas geübt werden, um in der Beziehung annähernd einen Vergleich zur Mannschaft von Dagur Sigurdsson zu finden. Umso besser glückte dafür alles, was sich davor im Wesenitzsportpark abspielte.
Mit gut gefüllten Rängen, einer vollen Ersatzbank, und, erstmals in dieser Spielzeit, mit einem Hallensprecher als Begleitung waren die Vorzeichen für die endgültige Entscheidung im Meisterschaftskampf nahezu optimal. Zudem fehlten den Radebergern, die sich natürlich für die Niederlage in der Vorwoche revanchieren wollten, wichtige Spieler. Doch anstatt dies als zusätzlichen Ansporn zu sehen, schien es, als würden wir die Begegnung ein bisschen zu gelassen angehen. Das ging auch nicht am Trainerteam vorbei, das kurz vor Anpfiff noch einmal versuchte, die Motivation und die Konzentration ihrer Spieler hoch zu halten – was zunächst keine Wirkung zeigte. Denn kaum waren fünf Minuten des Spiels verstrichen, schon prangte ein 0:4 für die Gäste von der Anzeigetafel. Ein Schock, gleichzeitig aber ein Weckruf. Minute für Minute gelang es uns nun besser, die Abwehr der Gäste in Bewegung zu bringen und mehr Konzentration in den Wurf zu legen. So verkürzten wir den Abstand in kleinen Schritten, bis wir, nach vielen, sehr gelungenen Abwehraktionen unsererseits, von 3:7 zum 7:7 ausgleichen konnten. In der Defensive ließen wir nun gar nichts mehr anbrennen. Die Abwehr, im Verbund mit Torhüter Toni Herrmann, machte es den Radebergern ab der fünfzehnten Minute richtig schwer, blockte Wurfversuche und provozierte viele Ballverluste der Bierstädter. So konnten einige Tempogegenstöße gespielt werden, die auch in Torerfolge umgemünzt wurden. Ganz unauffällig drehten wir damit das Spiel und gingen letztlich selbst mit vier Toren in Front. Diesen Vorsprung nahmen wir auch mit in die Halbzeit. Der Titelgewinn war in der letzten halben Stunde also eigentlich nur noch Formsache, spielten uns doch Faktoren wie die größeren Kraftreserven, die starke Abwehr und die Heimspielkulisse in die Karten. So musste vom Trainerteam lediglich und erneut daran appelliert werden, nicht fahrlässig mit dem Vorsprung umzugehen.
Und nach ein paar Startschwierigkeiten zu Beginn der zweiten Halbzeit gelang es uns dann auch, die Vorentscheidung herbei zu werfen. Ein Fünf-Tore-Lauf von 15:13 auf 20:13, und der Widerstand der Radeberger begann, sich auf das Nötigste zu verringern. So plätscherte das Spiel in den letzten zehn Minuten so vor sich hin, und auf der Bank beschrieb Amin Langer die Situation doch sehr passend mit „Der Drops ist gelutscht!“. Das Spiel, aus dem Leopold Plüschke und Paul Krebs noch herausragten, gewannen wir mit 24:18. Und wieder eine Parallele zur Nationalmannschaft: Schwächen im Angriff, aber mit viel Kampf und Erfolg in der Abwehr. So behielten auch die Trainer Recht mit ihrem guten alten Sprichwort: „Spiele gewinnt man im Angriff, Meisterschaften in der Abwehr“. Und da uns nach dem Abpfiff ja beides vergönnt war, feierten wir noch auf dem Spielfeld den Titel mit den Zuschauern und der Mannschaft im Jubelkreis. Ein Dank an dieser Stelle trotzdem nochmal an den Radeberger SV, der sich in den ganzen Jahren stets als fairer Gegner erwiesen hatte. Am Sonntag konnte man den Spielern und Trainern fast aus den Gesichtern ablesen, dass sie uns den Titel gönnen. Und als Vorjahressieger kann die Mannschaft das Verfehlen der Meisterschaft in dieser Saison ja eh verschmerzen, auch, wenn das nur ein schwacher Trost sein mag.
Fast neigt man als Schreiberling jetzt schon dazu, die Saison und die ganze Spielgemeinschaftsgeschichte melancholisch Revue passieren zu lassen. Doch glücklicherweise hat das ja noch bis zum 20.03. Zeit, da treten wir zum letzten Mal als Mannschaft in Sohland an, wo sicher noch während des Spiels die Meisterschaft besungen und gefeiert wird. So unter anderem, passend zur Überschrift, mit dem Europapokallied. (Max Melzer)
Es wurden Ostsachsenmeister: Herrmann – L. Römer (1), Stübner (1), Zemski, Krebs (6), Höher (1), Deichmann (1), Melzer (2/1), Plüschke (6), B. Römer (1), Vogel (2/1), Küster (3/1)
MV: Mehnert, Schür, Langer, Reißig